Systemrelevant und zukunftsfähig: Stimmen, Learnings und Impulse aus dem Projektabschluss „New Work for Key Worker“

Wo Arbeitsbedingungen oft als unveränderlich gelten, haben fünf Organisationen das Gegenteil bewiesen. Am 15. Mai 2025 versammelten sich im Hospital zum Heiligen Geist in Hamburg Akteur*innen aus Pflege, Eingliederungshilfe, Feuerwehr, Wasserwirtschaft, Telekommunikation, Wissenschaft, Krankenkasse und Gewerkschaft zur Abschlussveranstaltung des INQA-Experimentierraum-Projekts „New Work for Keyworker“ (NW4KW). Gemeinsam blicken sie auf zwei Jahre intensiver Zusammenarbeit zurück – mit einem Ziel: Systemrelevante Berufe zukunftsfähig machen.
Impulse zum Start: New Work ist mehr als eine Tischtennisplatte
Prof. Dr. Caroline Ruiner von der Universität Hohenheim stellte in ihrem Impulsvortrag die zentrale Frage: „Gehen Menschen gern zur Arbeit?“ Ihre Antwort war ein klarer Appell: Arbeitskultur ist der Schlüssel zu Motivation, Zufriedenheit und Zukunftsfähigkeit, gerade in Berufen, die unter hoher Belastung stehen.
Besonders eindrücklich war ihr Beispiel zur oft oberflächlichen Umsetzung von New Work: „Wenn man eine Tischtennisplatte hinstellt, aber niemand sich traut, sie zu nutzen – oder keine Zeit dafür hat – dann ist das kein Ausdruck von New Work.“
Und wenn Mitarbeitende sie doch nutzen, dürften sich Führungskräfte nicht wundern oder gar kritisch reagieren. „New Work“ bedeutet mehr als neue Angebote – es braucht Vertrauen, Zeiträume, ein gemeinsames Verständnis und eine Führung, die solche Räume aktiv ermöglicht und mitträgt. Genau dafür setzt sich NW4KW ein und dafür braucht es einen echten kulturellen Wandel.
Sie betonte:
- die gesellschaftliche Relevanz von Key Work,
- den Wert von Selbstbestimmung, Vertrauen und partizipativer Führung,
- die Bedeutung von Resilienz und Sinnstiftung im Arbeitsalltag.
Die Projektstory von NW4KW: Einblicke & Erkenntnisse
Michael Beese (BIT e.V.) stellte das Projekt sowie die Schwerpunkte der einzelnen Experimentierräume vor und präsentierte als besonderes Highlight erstmals den Projektfilm. Die Premiere wurde mit großer Aufmerksamkeit verfolgt. Der Film gewährt eindrucksvolle Einblicke in die Praxis, lässt Akteur*innen aus dem Projekt selbst zu Wort kommen und gibt einen ersten anschaulichen Eindruck, wie New Work auch unter herausfordernden Bedingungen lebendig werden kann. Wer nicht dabei sein konnte (oder den Film noch einmal ansehen möchte) findet ihn unten.
Im Anschluss präsentierte Projektleiter Tobias Berens (BIT e.V.) fünf zentrale Thesen, die aus den Experimentierphasen mit den beteiligten Organisationen entstanden sind:
New Work needs Basic Work
(Hospital zum Heiligen Geist):
Werte klären, Kommunikation stärken, Informationsflüsse verbessern.
New Work needs Translation
(Freundeskreis Mensch):
Offen sprechen, gemeinsam verstehen – besonders im Sozialbereich.
New Work needs Leadership
(Emschergenossenschaft):
Führung gestalten, Führungskräfte stärken.
New Work needs Health
(Glasfaser Ruhr):
Belastungen ernst nehmen, Resilienz und Mental Health fördern.
New Work needs Environment
(Feuerwehr Stuttgart):
Räume schaffen für Reflexion, Austausch und Widerstandskraft.
Aus der Praxis: Vier Erfahrungsberichte, viele Parallelen
In einer ersten Podiumsrunde berichteten Kai Kolodziej (EGLV), Nizar Müller (HzHG), Ruben Gallus (Feuerwehr) und Bernd Lehwald (Glasfaser Ruhr) von ihren Erfahrungen.
Die Erkenntnis: Ganz gleich ob Verwaltung, Technik, Pflege oder Einsatzdienst – viele Herausforderungen ähneln sich. New Work muss nicht groß und kompliziert gedacht sein – es geht um Verständlichkeit, Beteiligung und vor allem um: Dranbleiben.
Alle waren sich einig: Der Wandel ist machbar – aber er braucht Mut, Ausdauer und Führungskräfte, die Lust aufs Mitgestalten haben.
Stationen mit Zukunft: Pflege neu gedacht
Bei Führungen durch das Hospital zum Heiligen Geist konnten Teilnehmende zukunftsweisende Arbeitsmodelle hautnah erleben:
- Sinnesgarten für Menschen mit Demenz
- ExerCube – Mixed-Reality-Bewegungsspiel zur Gesundheitsförderung
- SkillsLab & AAL-Musterwohnung mit altersgerechter Assistenztechnik
Perspektivwechsel: Was New Work leisten muss und kann
Die zweite Podiumsrunde öffnete den Blick auf das große Ganze:
Mit dabei waren Caroline Ruiner, Maren Puttfarcken (TK), Hubert Baalmann (Kirchengewerkschaft), Gudrun Franke (HzHG) und Ruben Gallus.
In einer ehrlichen, inspirierenden Diskussion wurden zentrale Themen deutlich:
- New Work ist ein Marathon, kein Sprint – es braucht Geduld und echten Dialog.
- Sinnstiftung ist zentral – Arbeit muss wieder Bedeutung bekommen.
- Führung verändert sich – mehr Kommunikation, mehr Vertrauen, weniger Kontrolle.
- Begegnung auf Augenhöhe ermöglichen – durch Räume für Austausch zwischen Mitarbeitenden und Führung. Oder wie Hubert Baalmann es formulierte: „Wir brauchen nicht immer neue Begriffe. Einfach mal machen.“
Ob Feel-Good-Managerin, Dartturnier mit Führungskräften oder mehr psychologische Sicherheit im Arbeitsalltag – viele kleine Ideen zeigten: New Work muss zur eigenen Organisation passen.
Ausblick: Was bleibt und wie es weitergeht
Lucie Stecker (ddn) gab einen Einblick in den bald erscheinenden NW4KW-Handlungsleitfaden. Dort werden Erfahrungen, konkrete Tools und Umsetzungsideen aus dem Projekt für andere Organisationen zugänglich gemacht.
Susanne Sabisch-Schellhas und Tara de Pinho vom ddn-Hamburg stellten abschließend die Transfermöglichkeiten und Netzwerke in der Region vor – für alle, die dranbleiben und sich weiter austauschen wollen.
Fazit
Die Abschlussveranstaltung von NW4KW war nicht nur ein Rückblick, sondern auch ein Ausblick. Ein Ort des Miteinanders, der Motivation und des Machens.
New Work funktioniert – auch da, wo’s wirklich zählt. Und gerade dort ist sie wichtiger denn je.
Fotos: Magnus Terhorst